So funktioniert der Winterdienst richtig – Wissenswertes über die Räum- und Streupflicht bei Schnee und Eis
Auch wenn in Deutschland zuletzt die Winter milder geworden sind, kommt es dennoch regelmäßig zu Schnee und Glatteis. Hauseigentümer, Vermieter und Mieter müssen dann wissen, wer für das Räumen und Streuen auf den Wegen verantwortlich ist. Und ab welcher Uhrzeit beginnt eigentlich die Räumpflicht? Fragen wie diese beantwortet Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.
Ist Winterdienst Vermietersache?
Vermieter sind in Deutschland nicht dazu verpflichtet, den Winterdienst selbst durchzuführen bzw. einen Hausmeisterdienst damit zu beauftragen. Sie können die Räum- und Streupflicht auch auf ihre Mieter übertragen. „Sie müssen aber dafür sorgen, dass genug Streugut wie Sand oder Splitt, sowie geeignete Werkzeuge zum Schneeräumen vorhanden sind“, so Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. In Mehrfamilienhäusern ist eine Verteilung der Winterdienstpflicht auf alle Mietparteien üblich. Es sind also nicht automatisch immer die Erdgeschossmieter „dran“. “ Stattdessen muss die Belastung gerecht und gleichermaßen unter den Hausbewohnern aufgeteilt sein“, erklärt die Expertin. Eine Übertragung der Räum- und Streupflicht muss, damit sie rechtlich wirksam ist, zwischen Vermieter und Mieter eindeutig vereinbart werden. Dies kann im Mietvertrag geschehen oder auch in der Hausordnung, wenn diese Teil des Mietvertrages ist. Eine solche Vereinbarung muss jedoch von Anfang an bestehen: Der Vermieter kann dem Mieter nicht während des laufenden Mietverhältnisses zusätzliche Pflichten übertragen indem er zum Beispiel einseitig die Hausordnung ändert oder einen Aushang im Treppenhaus macht. Egal welche Regelungen getroffen wurden: Vermieter behalten immer eine Kontroll- und Überwachungspflicht und müssen zumindest per Stichprobe prüfen, ob vernünftig geräumt und gestreut ist. „Ansonsten müssen sie im Falle eines Sturzes für die Folgen haften,“ erklärt Brandl.
Richtig räumen und streuen
Wer den Winterdienst ausführt, hat einiges zu beachten:
– Der geräumte und gestreute Bereich muss mindestens 1 bis 1,5 Meter breit sein.
– Die genaue Breite regelt meist die Straßenreinigungssatzung der Gemeinde.
– Existiert ein Privatweg zur Haustür, muss dieser in der Regel auf 50 Zentimetern Breite von Eis und Schnee befreit sein.
– Der Schnee kommt an die Seite des Gehwegs, die der Fahrbahn zugewandt ist, keinesfalls auf die Fahrbahn, wo er den Verkehr gefährdet. Wenn der Platz nicht ausreicht, ist der Schnee auf dem eigenen Grundstück zu lagern.
– Regenwasserabläufe am Straßenrand, oft auch als „Gully“ bekannt, sollten ebenfalls frei bleiben, damit das Tauwasser ablaufen kann, ebenso die Deckel von Unterflurhydranten für die Feuerwehr. Schnee darf außerdem nicht auf Radwegen, Radfahrstreifen oder Haltestellen des öffentlichen Verkehrs lagern.
Räum- und Streupflichten: Zeiten, Bußgelder und Versicherungsschutz
Die Zeiten zum Räumen und Streuen variieren von Gemeinde zu Gemeinde. „Als Faustregel kann aber Montag bis Samstag von 7:00 bis 20:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 8:00 bis 20:00 Uhr gelten,“ so Brandl. Erledigen Mieter und Vermieter bzw. Immobilienbesitzer dies nicht ordnungsgemäß oder im schlimmsten Fall überhaupt nicht, drohen in den meisten Bundesländern Geldbußen. Hinzu kommen mögliche Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, wenn tatsächlich jemand auf dem nicht geräumten Gehweg stürzt und sich verletzt. Räumpflichtige Mieter und Eigenheimbewohner können sich gegen dieses Risiko mit einer Privathaftpflichtversicherung schützen. Vermieter können sich durch eine Vermieter-Haftpflichtversicherung absichern. Räumen und streuen sollten sie aber natürlich trotzdem.
Erlaubtes Streugut im Winter
Auch beim Streugut selbst ist in Deutschland einiges zu beachten. So ist klassisches Streusalz aufgrund seiner Schädlichkeit für Pflanzen und Tiere für den Privatgebrauch meist verboten. Umweltfreundliche Alternativen sind abstumpfende Mittel wie Splitt, Kies, Sand oder Lavagranulat. Diese erhöhen den Halt auf vereisten Flächen und lassen sich in den meisten Fällen nach dem Winter zusammenfegen und wiederverwenden.
Ausnahmen gelten für Ältere und Kranke
Generell gilt, dass Personen, die wegen Krankheit oder Abwesenheit ihrer Räumpflicht nicht nachkommen können, für eine Vertretung sorgen müssen. „Bei Senioren sieht die Sache jedoch anders aus. Hier gilt in der Regel, dass sie keinen Winterdienst leisten müssen, wenn es ihnen aus altersbedingten Gründen unmöglich ist“ so die Juristin. Und bei gesundheitlich beeinträchtigten Personen spielt vor allem eine Rolle, ob ihnen zuzumuten ist, selbst für einen Ersatz zu sorgen. In der Regel wird erwartet, dass sie dies zumindest versuchen. Dabei spielen auch die Finanzen eines Mieters, also ob er oder sie es sich leisten kann, einen externen Winterdienst zu beauftragen, eine Rolle. Für Mieter empfiehlt es sich, eine solche Befreiung von der Räum- und Streupflicht schriftlich mit dem Vermieter festzuhalten, um hier im Falle das Falles nicht doch in Regress zu geraten.
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